Großbritannien: Britischer Umwelt- und Ernährungsminister wirft den privaten englischen Wasserversorgern Missbrauch der Monopolmacht und Vernachlässigung der Umwelt vor
Eine Rede von Minister Gove auf einer Konferenz der Wasserwirtschaft klang den Verantwortlichen der privaten Wasserversorger unangenehm in den Ohren. Der Minister kritisierte, dass einige Firmen keine Steuern gezahlt und ihre Gewinne vertuscht hätten und kündigte an, die Regulierungsbehörde OFWAT bei der Verschärfung der Vorschriften und beim Schutz der Verbraucher zu unterstützen. Der Minister beschwerte sich auch, dass die Gewinne der Versorger von 18 Milliarden Pfund an die Aktionäre ausgezahlt wurden anstatt sie für die Instandhaltung der Infrastruktur, in die Reparatur von Lecks in den Leitungen und für den Schutz der Umwelt zu nutzen. Außerdem kritisierte er die hohen Gehälter der Geschäftsleitungen. Der Chef von United Utilities erhielt 2,8 Millionen Pfund, der Chef von Severn Trent 2,4 Millionen.
John McDonnell von der Labour Party greift Wasser-Privatisierung an
Wie der Guardian vom 11.02.2018 berichtet, übt die Labour Party scharfe Kritik an der privatisierten Wasserversorgung und beschuldigt die Unternehmen, seit 2010 die „skandalöse" Summe von 13,5 Milliarden Pfund an Dividenden an die Aktionäre ausgezahlt zu haben, während sie Steuervergünstigungen für sich und Preiserhöhungen für Millionen Kunden einfordert hätten. Er versprach, dass die nächste Labour-Regierung der Privatisierung des öffentlichen Sektors ein Ende setzen werde. Stattdessen werde die Labour Partei dieses System durch regionale und staatliche Wasserversorger ersetzen.
Auch zitiert die Guardian den Vorsitzenden der Labour Partei Corbyn, wonach sie Großbritannien an die Spitze der weltweiten Welle des Wandels bringen wollten, zugunsten einer öffentlichen, demokratischen Eigenverantwortung und Kontrolle der Dienstleistungen und der Versorgungsunternehmen. Er fügte hinzu, dass in Ländern auf der ganzen Welt festgestellt würde, dass die Privatisierung gescheitert ist und sie die Kontrolle über ihre öffentlichen Dienstleistungen wieder übernehmen.
AöW im TV-Doku: Bis zum letzten Tropfen - Europas geheimer Wasserkrieg
Während der Trend weltweit zu einer Rekommunalisierung der Trinkwasserversorgung und Abwasseraufbereitung geht, stehen die öffentlichen Versorgungsunternehmen im krisengeschüttelten Europa unter zunehmendem Privatisierungsdruck.
Auf der Grundlage ausführlicher Recherchen, die im Januar 2013 begannen, berichtet „Bis zum letzten Tropfen“ nicht nur über die Wasserversorgungssituation in Europa, sondern offenbart indirekt auch den Verfall der europäischen Wertegemeinschaft. Die Dokumentation spielt in sechs europäischen Ländern, folgt der Spur des Geldes quer durch den Kontinent, beleuchtet die Interessen der Unternehmen, die bis in die oberste Entscheidungsebenen der EU verhandelt werden, und offenbart den verborgenen Kampf um die überlebenswichtigste Ressource überhaupt.
Die Dokumentation ist bis zum 11.01.2018 auf ARTE Online abrufbar.
Quelle und weitere Informationen ► Externe Webseite: www.uptothelastdrop.com
Appell an die Weltbank: Stopp für Finanzierung von Privatisierung und Public-Private-Partnertship
Indonesischer Oberster Gerichtshof beendet Wasserprivatisierung in Jakarta
Der indonesische Oberste Gerichtshof hat die Beendigung der Wasserprivatisierung in Jakarta angeordnet, um das Menschenrecht auf Wasser sicherzustellen, dies geht aus einer gemeinsamen Pressemitteilung von PSI (Public Services International) und TNI (Transnational Institute) vom 17. Oktober hervor.
Die Rückführung von öffentlichen Dienstleistungen in die öffentliche Hand ist für jeden, der sich für die Zukunft von lokalen, demokratisch verwalteten Dienstleistungen wie Energie, Wasser und Gesundheit interessiert, wichtig. Das Transnational Institut (TNI) hat gemeinsam mit der Österreichischen Bundesarbeitskammer, EPSU, PSIRU und weiteren Organisationen einen Blick auf diese Entwicklungen weltweit geworfen. Die Autoren schildern mit zahlreichen Beispielen die weltweiten Erfahrungen, neue Initiativen und vielfältige Ansätze zur „Deprivatisierung“.
PDF-Download: Die Zusammenfassung liegt nun in 10 Sprachen vor, auch in Deutsch.
Juni 2017
Großbritannien: Renationalisierung und Rekommunalisierung privatisierter Dienstleistungen in Diskussion
Die Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen war eines der wichtigen Wahlkampfthemen in Großbritannien im Jahr 2017. Mit der Kampagne „We own it“ wurde die Rückgängigmachung von fehlgeschlagenen Privatisierungen der letzten 30 Jahre gefordert.
Auch aus der Wissenschaft wurden die Forderungen mit Zahlen gestützt. In einer kürzlich erschienenen Studie von David Hall und Kate Bayliss mit dem Titel „Bringing water into public ownership: costs and benefits“ wurden die Kosten und Nutzen einer öffentlichen statt privaten Wasserversorgung in England herausgearbeitet. Demnach sind die Preise seit der Privatisierung vor 28 Jahren stark gestiegen und lagen 2016 um 40% über den Steigerungen nach der allgemeinen Inflationsrate. Geschätzt wird, dass durch den Wegfall von Dividenden-Zahlungen bei Rekommunalisierung 1,8 Milliarden Pfund pro Jahr Kosten eingespart werden könnten. Insgesamt könnte demnach jeder Haushalt rund 100 Pfund pro Jahr einsparen.
Soziale Effizienz und die Zukunft der Partnerschaften zwischen Wasserbetrieben (Englisch)
von Madeleine Bélanger Dumontier, David A. McDonald, Susan Spronk, Catherine Baron und Dieter Wartchow
Ein großer Teil des Benchmarking, das heute im Wassersektor durchgeführt wird, konzentriert sich auf die finanzielle und technische Leistung. Es ist schwierig einen breiteren Ansatz zu verfolgen, etwa wie die Wasser Betriebe soziale, politische und ökologische Ziele umsetzen. Als Alternative stellt dieses Papier das Konzept der "sozialen Effizienz" dar, mit dem der Umfang der Leistungsbewertung erweitert werden kann. Es werden neue Bewertungskriterien hinzugefügt, wie die Betonung des Eigenkapitals und die Information über das "Öffentlich sein".
In dem Papier werden zwei Partnerschaften von Wasserbetrieben untersucht. Die erste besteht zwischen Marokko, dem Office National de l'Electricité und l'Eau Potable (OneE) und Burkina Faso, dem Office National de l'Eau et de l'Assainissement (ONEA). Die zweite besteht zwischen Uruguays Obras Sanitarias del Estado (OSE) und Porto Alegre Departamento Municipal de Água e Esgotos (DMAE) in Brasilien. Die Forschung zeigt, dass diese beiden Partnerschaften den allgemeinen Trend der Priorisierung der technischen und finanziellen Leistungsfähigkeit widerspiegeln.
PDF-Download:Soziale Effizienz und die Zukunft der Partnerschaften zwischen Wasserbetrieben
Das griechische Wasser Referendum und die Unterscheidung zwischen öffentlichen Gütern und Gemeingut (Englisch)
Privatisierung ist auf dem Rückzug – neues Buch zeigt auf wie immer mehr Städte die Wasserversorgung wieder in die eigenen Hände nehmen. Neues Buch erschienen!
Viele Organisationen arbeiten seit Jahren für die Zukunft der öffentlichen Wasserwirtschaft zusammen. Gegenüber dem Weltwasserforum in Südkorea (12.- 17.04.2015) wurde das neue Buch Our public future – The global experience with remunicipalisation präsentiert. Damit kommt es fast zeitgleich mit der letzten spektakulärsten Beendigung der Privatisierung von Wasserwirtschaft in Jakarta heraus. Am 24. März hat das Gericht von Jakarta der Klage einer Koalition von Bürgern gegen die Privatisierung stattgegeben. Damit wurden nach 17 Jahren die Privatisierungsverträge wegen Verletzung des Menschenrechts auf Wasser und einer unzureichenden Versorgung mit Wasser für nichtig erklärt. 9,9 Millionen Menschen in der indonesischen Metropole können nun bei Rückholung der Kontrolle in öffentliche Hand auf eine gute Versorgung hoffen.
Die wichtigsten Ergebnisse des Buches:
Mit Rekommunalisierung werden zuvor privatisierte Wasserversorgung und Abwasserdienstleistungen von Kommunen in ihre Verantwortung zurückgeholt. Je nach der vorhandenen Struktur gibt es auch die Rückholung in öffentliche Verantwortung auf eine regionale oder nationale Ebene. Zwischen März 2000 und März 2015 können festgestellt werden:
235 Beispiele in 37 Staaten für 100 Millionen Menschen
Rekommunalisierungen verdoppelten sich in 2010 bis 2015 gegenüber 2000 bis 2010
Die Fälle konzentrieren sich auf Staaten mit hohen Einkommen (184) gegenüber Staaten mit niedrigen und mittleren Einkommen (51)
Die Mehrzahl ist in zwei Staaten zu finden: Frankreich (94) und USA (58)
Öffentliche Wasserversorger bündeln ihre Kräfte dafür
Von Jakarta über Paris und Deutschland bis zu den Vereinigten Staaten zeigt das Buch die Lehren aus der Privatisierung und der wachsenden Bewegung dagegen auf. Die Autoren berichten wie Rekommunalisierung die Möglichkeiten für eine soziale, ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft verbessert und heutige und künftige Generationen davon profitieren können. Die Erfahrungen von Bürgern, Arbeitnehmern und politischen Entscheidungsträgern werden darin ebenso aufgegriffen.
Herausgeber des Buches sind das Transnational Institut (TNI), die Public Services International Research Unit (PSIRU), das Multinationals Observatory, der European Public Services Union (EPSU) und das Municipal Services Project (MSP).
PDF-Download: "Nestlé und Suez als global player – Wird die Wasserversorgung in Zukunft nur noch von Großunternehmen abhängig sein?" Seminararbeit von Sophie Scheingraber 2015
Flow: Eine Dokumentation über die weltweite Wasserprivatisierung
Februar 2018. Beim Thema Rekommunalisierung der Wassernetze in Stuttgart (wir berichteten zuletzt im AöW Rundbrief 1/2018) bewegt sich etwas. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung vom 12. Februar 2018 hätten sich die Stadt Stuttgart und die EnBW Baden-Württemberg entschlossen, eine politische Gesamtlösung anzustreben, statt sich noch Jahre lang vor Gerichten zu streiten. Laut der Zeitung ist der Ausgang allerdings offen. Gegenstand der Gespräche sind demzufolge wohl nicht nur die Wassernetze, sondern darüber hinaus die Übereignung von Energieversorgungsnetzen für Strom und Gas und es geht auch um ein Vorkaufsrecht der Stadt von einem EnBW-Areal, um 600 Wohnungen darauf zu bauen.
Beim Streit über den Preis des Wasserverteilnetzes hatte zuletzt der EnBW-Aufsichtsrat einen Vergleichsvorschlag des Landgerichts von 280 bis 290 Millionen Euro abgelehnt. Im Aufsichtsrat sind das Land, die OEW-Zweckverbände (mit 46,75 % EnBW-Anteilen) und die Gewerkschaft ver.di vertreten. Laut der Stuttgarter Zeitung hatte SPD-Fraktionschef Martin Körner bereits an Ministerpräsident Winfried Kretschmann appelliert, sich für eine politische Lösung zwischen dem zu etwa 47 Prozent in Landesbesitz befindlichen Versorger und der Stadt einzusetzen. Die EnBW ist über viele Beteiligungen an Stadtwerken in Baden-Württemberg mittelbar auch an vielen kommunalen Wasserversorgungen beteiligt.
Rekommunalisierung in Biberach und in Stuttgart: Schwierige Verhandlungen mit EnBW
Dezember 2017. Wie aus Meldungen der Schwäbischen Zeitung aus Dezember 2017 zu entnehmen ist, hat im Gemeinderat von Biberach die CDU-Fraktion beantragt, das Wassernetz wieder komplett in die städtische Hand zu bringen. Hierfür müsste das Wassernetz von dem Versorgungsunternehmen Ewa Riss zurückgekauft werden, die je zur Hälfte der Stadt und der EnBW gehört. Oberbürgermeister Norbert Zeidler erklärte hierzu in einem Interview gegenüber der Schwäbischen Zeitung, dass es im Nachhinein ein Fehler war, sich im Jahr 2000 für diese Struktur zu entscheiden.
Genauso wie in Biberach steht in Stuttgart ebenfalls die EnBW im Fokus der Rekommunalisierungsbestrebungen der Stadt. Das Bürgerbegehren 100-Wasser hatte bereits im Jahre 2010 gefordert, dass die Stadt Stuttgart die Wasserversorgung frühestmöglich, spätestens aber ab 1.1.2014 selbst betreibt. Im Juni 2010 wurde dies vom Stadtparlament so beschlossen. Bis heute ist diese Forderung jedoch nicht erfüllt.
Beide Beispiele zeigen aus unserer Sicht eindrucksvoll auf, dass eine PPP-Konstruktion schwierig rückabgewickelt werden kann, obwohl in diesen beiden Beispielen sogar die öffentliche Hand (hier das Land) an dem privaten Unternehmen Großaktionär ist und mit Kommunen und Landkreisen sogar eine Mehrheit an EnBW hat. Das heißt nicht, dass die Finger von Rekommunalisierung gelassen werden sollten. Es bedeutet aber, dass Privatisierung unterlassen werden sollte.
Quelle und weitere Informationen [Extern]:
22.05.2017. Die AöW hat die Vorsitzenden der Fraktion der CDU (MdB Volker Kauder), der SPD (MdB Thomas Oppermann) sowie die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe (MdB Gerda Hasselfeldt) zum Thema Autobahnprivatisierung angeschrieben.
Das jeweils gleichlautende Schreiben v. 22.05.2017 können Sie hier abrufen ►PDF-Download
MdB Bettina Hagedorn (SPD), Antwortschreiben vom 30.05.2017, hier abrufbar ►PDF-Download
Zum Verkauf der Eurawasser: Wasser darf nicht wie ein Wirtschaftsgut behandelt werden!
AöW: „Die geplante Übernahme der Eurawasser verdeutlicht anschaulich, wie in diesem Fall Wasser als Wirtschaftsgut behandelt und jeglicher politischer Einflussnahme entzogen wird“.
Bürgerentscheid gegen die Fusion der Stadtwerke Augsburg mit der Thüga-Tochter Erdgas-Schwaben
72,2 % der Augsburger Wähler stimmten in einem Bürgerentscheid gegen die Fusion der Stadtwerke Augsburg mit dem Unternehmen Erdgas-Schwaben und sicherten damit, dass die Energieversorgung (einschließlich Wasser) in kommunaler Hand bleibt.
Die Rekommunalisierung in Paris hat sich für die Bürger gelohnt
Ein Jahr nach der Übernahme der Pariser Wasserversorgung in die öffentliche Hand wurden die Preise für Trinkwasser um 8% zum 1. Juli 2011 gesenkt. Das war die erste Preissenkung seit 25 Jahren.