Untersuchungen für nachhaltige und regionale Wasserversorgung starten

Vier Kommunen prüfen Amöneburger Becken

Bürgermeister Andreas Schulz (Ebsdorfergrund, v.l.), Bürgermeister Olaf Hausmann (Kirchhain), Bürgermeister Michael Plettenberg (Amöneburg), Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies (Marburg) und Stadtwerke-Geschäftsführer Dr. Bernhard Müller schließen sich zusammen, um einen Vorschlag für eine gemeinsame Erschließung von Wasserquellen im Amöneburger Becken zu erarbeiten. (Foto: Patricia Grähling, Stadt Marburg)

Marburg. Eine dezentrale und nachhaltige Versorgung der Menschen mit gutem Trinkwasser wird mit dem Klimawandel immer bedeutender. Die Stadtoberhäupter von Marburg, Ebsdorfergrund, Amöneburg und Kirchhain wollen sich dieser Aufgabe gemeinsam stellen und eigene Wasserquellen erschließen. Dazu starten nun zunächst Untersuchungen bei Schröck und Heskem.

„Der Klimawandel führt uns sehr deutlich vor Augen, dass wir mit unseren Ressourcen schonend umgehen müssen. Das betrifft insbesondere auch unser Trinkwasser“, so Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Wir wollen unsere Bürger*innen daher dezentral mit Wasser aus eigenen Quellen versorgen. So können wir vor Ort sicherstellen, dass wir nur so viel Wasser entnehmen, wie sich natürlich wieder nachbildet.“ Und das wollen die Kommunen gemeinsam angehen. Denn: „Wir werden uns nicht gegenseitig das Wasser abgraben.“

Kirchhains Bürgermeister Olaf Hausmann ergänzt: „Mit der dezentralen Gewinnung von Trinkwasser folgen wir der Hessischen Wasserstrategie. Denn wichtig ist bei der Versorgung mit Wasser nicht nur die Qualität des Wassers. Wichtig ist für Mensch und Natur besonders, dass wir dieses lebenswichtige Element nur nachhaltig nutzen.“ Ob und wie das Grundwasser im Amöneburger Becken zwischen Marburg, Ebsdorfergrund, Amöneburg und Kirchhain nachhaltig gewonnen werden kann, sollen Untersuchungen zeigen, die die Stadtwerke Marburg nun starten.

„Die Trinkwasserversorgung ist eine zentrale kommunale Aufgabe. Die erfüllen wir mit größter Sorgfalt. Gerade eine verstärkte dezentrale Wassergewinnung stellt unsere Kommunen aber auch vor eine große Herausforderung, die sich gemeinsam besser anpacken lässt. Klar ist aber: Wir wollen mit unserem Wasser unsere Bürger*innen versorgen – und es nicht weiterverkaufen“, sagt Ebsdorfergrunds Bürgermeister Andreas Schulz. Eine Förderung des „blauen Golds“ vor Ort sei eine Rückbesinnung zu den Ursprüngen der kommunalen Daseinsvorsorge – vor 100 Jahren sei es üblich gewesen, dass die Menschen ihr Wasser vor Ort gewinnen.

„Deswegen wollen wir die Grundwasservorkommen im Amöneburger Becken, an dem unsere vier Kommunen aufeinandertreffen, auch gemeinsam untersuchen – und bei erfolgversprechenden Ergebnissen unseren kommunalen Gremien einen Vorschlag für eine gemeinsame Erschließung vorlegen“, so Amöneburgs Bürgermeister Michael Plettenberg. Er freue sich, dass Marburg und Ebsdorfergrund mit ihren Plänen vorangegangen und nun Kirchhain und Amöneburg ins Boot geholt hätten.

Konkret heißt das: Jetzt geht es zunächst los mit Erkundungsbohrungen im Bereich „Heiliger Born“ bei Schröck. Dafür haben die Stadtwerke Marburg die Genehmigung vom Regierungspräsidium Gießen erhalten. Bereits vorliegende hydrogeologische Gutachten weisen auf ein größeres Grundwasservorkommen im Marburger Land hin. „Wir werden bis zu 200 Meter tief bohren und dann einen Pumpversuch starten. In dem Versuch wollen wir herausfinden, wieviel Wasser wir nachhaltig im Rahmen der Grundwasserneubildung entnehmen können – und wie hoch die Qualität ist“, erklärt Dr. Bernhard Müller, Geschäftsführer der Stadtwerke Marburg. Die Bohrung und der Pumpversuch sollen zehn Wochen dauern. Die Ergebnisse werden anschließend sorgfältig ausgewertet. Die Stadtwerke beobachten den Grundwasserspiegel an dieser Stelle bereits seit 25 Jahren monatlich und haben daher für die Bohrung eine wichtige Datengrundlage gesammelt. Bei der Probebohrung und dem Pumpversuch werden außerdem mehrere Stellen um den Brunnen streng kontrolliert.

Außerdem genauer untersucht werden sollen die Teichwiesen bei Heskem. Das Naturschutzgebiet ist rund 15 Hektar groß, ein geologisches Fachbüro sieht große Grundwasserressourcen. Gelegen ist es in unmittelbarer Nähe zu dem Gebiet bei Schröck, das nun zunächst untersucht wird. Für die Teichwiesen wird ein Genehmigungsverfahren beim RP Gießen noch vorbereitet.

Und wenn das Grundwasservorkommen wirtschaftlich, nachhaltig und problemlos für die Umwelt genutzt werden kann? „Dann wollen wir ein Konzept zur interkommunalen Zusammenarbeit bei der Erschließung des Wasservorkommens entwickeln. Dieses Konzept werden wir dann den kommunalen Gremien zur Beratung und Entscheidung vorlegen“, erklären die vier Verwaltungschefs.

„Wir sind grundsätzlich bereit, unsere Vorhaben aus Marburg und Heskem in eine interkommunale Zusammenarbeit mit Amöneburg und Kirchhain einzubringen“, erklären Spies und Schulz. Denn untersucht werde im Prinzip eine große Feuchtsenke im Amöneburger Becken, die auf dem Gebiet aller vier Kommunen verläuft. „Das Grundwasser macht keinen Halt an den Grenzen der Kommunen“, so die Bürgermeister. Die vier Verwaltungschefs sind sich einig, dass sie die Erschließung gerne gemeinsam voranbringen würden. Allerdings sind die Planungsstände in den Kommunen unterschiedlich: Marburg startet die erste Probebohrung, Ebsdorfergrund bereitet das Genehmigungsverfahren vor, Amöneburg und Kirchhain haben sich in ihren Gremien noch nicht mit dem Thema beschäftigt. OB Spies, die Bürgermeister Schulz, Plettenberg und Hausmann sowie Dr. Müller von den Stadtwerken haben daher nun eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der sie festhalten, dass die Sachstände unterschiedlich sind aber der grundsätzliche gemeinsame Wille nach einer Wassergewinnung im Amöneburger Becken in interkommunaler Zusammenarbeit unter ihnen bestehe – über die tatsächliche Durchführung des Projektes und die Form der interkommunalen Zusammenarbeit aber letztlich die Gremien der vier beteiligten Kommunen entscheiden. Der Magistrat der Stadt Marburg hat die Grundsatzentscheidung für die Zusammenarbeit bereits getroffen, in den anderen drei Kommunen beschäftigen sich die Parlamente in den nächsten Wochen mit dem Thema.

Alle vier Kommunen gehören dem Zweckverband Mittelhessische Wasserwerke an. Mit der Erschließung neuer, dezentraler Quellen als ergänzende Wasserlieferanten sollen die Wasservorkommen im Zweckverband geschont werden.