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„Unvorbereitet sollte man nicht sein“

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Wenn die Lichter ausgehen, wollen die Ammersee Wasser- und Abwasserbetriebe  vorbereitet sein.
Wenn die Lichter ausgehen, wollen die Ammersee Wasser- und Abwasserbetriebe vorbereitet sein. © Fabrice COFFRINI / AFP

Die AWA Ammersee hat sich einen Notfallplan für einen Blackout zurechtgelegt – und einiges bereits getestet.

Herrsching – Die einen rechnen mit einem Blackout in diesem Herbst, andere im nächsten Frühjahr – und Christoph Wilhelm und Maximilian Bleimaier sagen: „Hoffentlich gar nicht.“ Der eine ist Technischer Leiter bei den Ammersee Wasser- und Abwasserbetrieben (AWA), der andere deren Vorstand – einen Notfallplan haben sie schon.

Ein Blackout bezeichnet einen länger als zwölf Stunden flächendeckend dauernden Strom-, Infrastruktur- und Versorgungsausfall. Als Wasser- und Abwasserversorger gehört das Herrschinger Kommunalunternehmen zu den kritischen Einrichtungen. Die Wasserwerke in den Gemeinden Andechs, Herrsching, Inning, Pähl, Seefeld und Wörthsee versorgen circa 35 000 Einwohner sowie industrielle Großbetriebe auf einer Fläche von 173 Quadratkilometern.

Wilhelm ist Elektrotechniker und seit April als Technischer Leiter für die unterstützenden Prozesse bei den AWA und damit auch für die Energiesicherheit zuständig, die durch den Ukraine-Krieg in den Mittelpunkt gerückt ist. Schnell hat Wilhelm deshalb für die AWA für den Fall der Fälle ein Konzept ausgearbeitet. Wobei er selbst nicht daran glauben mag: „Es muss nicht gleich ein Blackout sein. Deutschland hat eines der stabilsten Stromnetze in Europa.“ Darauf vertraut er. „Aber wir sind verwöhnt, unvorbereitet sollte man deshalb nicht sein.“

Ausgerichtet ist das Notfall-Konzept der AWA darauf, Wasserver- und Abwasserentsorgung wenigstens 72 Stunden ohne Strom aufrechtzuerhalten. Ein Kraftakt, denn das bedeutet, dass sämtliche Pumpwerke, kleine wie große, aber auch Brunnenpumpen und Hochbehälter über Notstrom-Aggregate betrieben werden müssen. Diese wiederum bräuchten dann Diesel/Heizöl – insgesamt rund 7000 Liter am Tag.

Dazu kommt der Fuhrpark, über den die Mitarbeiter die Anlagen betreuen. Ein Tanklager hat die AWA aber nicht. Schon aktuell gilt deshalb die Vorgabe, dass die Tanks jedes Aggregats mindestens zu 80 Prozent befüllt sein müssen, die der Fahrzeuge mindestens zu 50 Prozent. Auch im Betriebsgebäude ist vorgesorgt, denn jeder verfügbare Mitarbeiter würde am Mitterweg gebraucht, um in einem Schichtbetrieb durchzuwechseln. Also stehen nicht nur unverderbliche Lebensmittel wie Fertigkonserven im Vorratsraum, sondern auch Feldbetten.

Außerdem gibt es Satellitentelefone für die Teams der sieben Einsatzgruppen. Denn wenn das Stromnetz ausfällt, funktioniert kein Festnetz, und das Mobilfunknetz dürfte auch ziemlich bald zusammenbrechen. Was es im Vorratsraum der AWA nicht gibt, sind Trinkwasserflaschen. Dafür sorgen alle Betriebsangehörigen, dass dies noch möglichst lange aus der Leitung kommt. Und die Wasserqualität ist bekannt gut, darauf ist Bleimaier stolz. Bei den AWA gibt es schon längst kein Mineralwasser mehr. Auch die Toilettenspülungen werden so lange laufen, so lange die AWA ihre Anlagen in Betrieb halten kann. „Weil im Ernstfall aber vermutlich weniger häufig mit kaltem Wasser geduscht wird, wird das Kanalsystem halt runtergefahren – auf circa 50 bis 60 Prozent.“ Ein Weltuntergang sei dies nicht.

Die große Frage wird sein, wann es sich um einen Blackout handelt und wann um einen kurzen Stromausfall, wenn das Licht ausgeht. „Wir werden für unsere Mitarbeiter Melder anschaffen“, sagt Wilhelm. So können sie auch nachts innerhalb von zwei Stunden vor Ort sein. Das jedenfalls ist das Ziel. Jeder habe auch eine Warn-App (Nina oder Kat-Warn) auf dem Handy. Im Juli haben die AWA schon mal eine Notabschaltung im Betriebsgebäude in Herrsching simuliert. „Im November machen wir das noch mal, um das Konzept durchzuspielen.“

Um die Kommunikation mit den Verbandsgemeinden sicherzustellen, wird auch in diesem Bereich an einem Konzept gearbeitet. Denn die Information der Bürger kann nur über die Gemeinden erfolgen, „per Aushang oder Lautsprecher – das hängt von jedem Bürgermeister ab“.

Die beiden Führungskräfte der AWA selbst haben auch privat schon vorgesagt – mit Akku-Radio, das über Powerbanks betrieben werden kann, die wiederum über Solarpanele aufgeladen werden können. „So ist man nicht von der Welt abgeschnitten“, sagt Bleimaier. Private Haushalte sollten sich auf so etwas einstellen, findet er. „Aber vor allem Mitarbeiter von öffentlichen, systemrelevanten Einrichtungen“, ergänzt Wilhelm. Von Panikmache sind beide weit entfernt, aber Vorsorge sei gut. Wenn der Ernstfall nicht eintrete, umso besser. „Es wird wohl eher öfter einen Stromausfall geben, keinen Blackout. Wir sind aber keine Stromversorger.“ Darum sind sie lieber gewappnet.

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