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Vertretung in Deutschland
Pressemitteilung26. Oktober 2022Vertretung in DeutschlandLesedauer: 9 Min

Der europäische Grüne Deal: Vorschläge für bessere Luft- und Wasserqualität

Read-out of the weekly meeting of the von der Leyen Commission by Frans Timmermans, Executive Vice-President of the European Commission, and Virginijus Sinkevičius, European Commissioner, on the Commission’s proposals for cleaner air and water

Saubere Luft und sauberes Wasser sind für die Gesundheit von Mensch und Ökosystemen von entscheidender Bedeutung. Allein aufgrund der Luftverschmutzung sterben jedes Jahr 300 000 Menschen in Europa vorzeitig. Die Kommission schlägt deshalb strengere Vorschriften vor: für Schadstoffe in der Luft, in Oberflächengewässern und im Grundwasser sowie für die Behandlung von kommunalem Abwasser.

Die Vorschläge sind ein wichtiger Fortschritt für das Null-Schadstoff-Ziel des europäischen Grünen Deals: eine schadstoff-freie Umwelt bis 2050. Sie entsprechen auch den spezifischen Forderungen der Konferenz zur Zukunft Europas, bei der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union befragt wurden, in was für einem Europa sie leben wollen.

Schäden für Gesundheit, Umwelt und Wirtschaft vermeiden

Der für den europäischen Grünen Deal zuständige Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans sagte: „Unsere Gesundheit hängt von einer gesunden Umwelt ab. Krankt die Umwelt, hat dies unmittelbar kostspielige Folgen für unsere Gesundheit. Jedes Jahr sterben Hunderttausende Menschen in Europa vorzeitig und noch mehr leiden an Herz- und Lungenerkrankungen oder an Krebserkrankungen, die durch Schadstoffe in der Umwelt verursacht werden. Je länger wir den Kampf gegen die Umweltverschmutzung aufschieben, desto höher sind die Kosten für die Gesellschaft. Wir wollen bis 2050 erreichen, dass unsere Umwelt frei von Schadstoffen ist. Das heißt, dass wir jetzt das Tempo anziehen müssen. Unsere Vorschläge zur weiteren Verringerung der Wasser- und der Luftverschmutzung sind ein wichtiger Bestandteil dieses Puzzles.

Der für Umwelt, Meere und Fischerei zuständige Kommissar Virginijus Sinkevičius erklärte: „Die Qualität der Luft, die wir atmen, und des Wassers, das wir verwenden, ist für unser Leben und die Zukunft unserer Gesellschaft von grundlegender Bedeutung. Verschmutzte Luft und verunreinigtes Wasser schädigen unsere Gesundheit, unsere Wirtschaft und die Umwelt und treffen die am stärksten Benachteiligten am härtesten. Daher ist es unsere Pflicht, auch für die künftigen Generationen auf die Schadstofffreiheit von Luft und Wasser hinzuarbeiten. Wenn wir nicht handeln, kommt uns dies sehr viel teurer zu stehen als vorbeugende Maßnahmen. Deshalb möchte die Kommission jetzt für ein unionsweit koordiniertes Vorgehen sorgen, damit Schadstoffbelastungen an der Quelle – lokal und grenzübergreifend – besser bekämpft werden können.“

Zahl der Todesfälle senken, Chancen für Rendite nutzen

Ausgehend von den Erfahrungen mit den derzeitigen Rechtsvorschriften schlägt die Kommission strengere Grenzwerte für Schadstoffe vor. Auch sollen durch eine verbesserte Umsetzung die Schadstoffbekämpfungsziele in der Praxis häufiger erreicht werden. Die vorgeschlagenen neuen Vorschriften werden die Todesfälle durch den Hauptschadstoff PM2,5 (Feinstaub) innerhalb von zehn Jahren um mehr als 75 Prozent senken. In den Bereichen Luft und Wasser bieten alle neuen Vorschriften dank der Vorteile in den Bereichen Gesundheit, Energieeinsparungen, Nahrungsmittelerzeugung, Industrie und biologische Vielfalt eine klare Rendite.

Sauberere Luft bis 2030, Schadstoff-Freiheit bis 2050

In der vorgeschlagenen Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien sind EU-Luftqualitätsnormen für den Zeitraum bis 2030 vorgesehen, die stärker an die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation angeglichen sind. Die EU wird – in Synergie mit den Bemühungen um Klimaneutralität – auf einen Zielpfad gebracht, um bis spätestens 2050 das Null-Schadstoff-Ziel für die Luft zu erreichen. In diesem Zusammenhang schlagen wir eine regelmäßige Überprüfung der Luftqualitätsnormen vor, um sie jeweils nach Maßgabe der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie der gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen neu zu bewerten. Der Vorschlag sieht vor, den Jahresgrenzwert für den vorherrschenden Schadstoff – Feinstaub (PM2,5) – um mehr als die Hälfte herabzusetzen.

Mit der Überarbeitung wird sichergestellt, dass Menschen, deren Gesundheit aufgrund von Schadstoffen in der Luft leidet, im Falle eines Verstoßes gegen die EU-Luftqualitätsvorschriften Anspruch auf Entschädigung haben. Ferner dürfen sie sich durch kollektiven Schadensersatzklagen von Nichtregierungsorganisationen anschließen. Der Vorschlag wird auch für mehr Klarheit in Bezug auf den Zugang zur Justiz,, wirksame Sanktionen und eine bessere Information der Öffentlichkeit über die Luftqualität sorgen. Die neuen Rechtsvorschriften werden lokale Behörden unterstützen, indem die Vorschriften über die Überwachung und die Modellierung der Luftqualität verschärft und die Luftqualitätspläne verbessert werden.

Laut den heute vorgelegten Vorschlägen ist es Sache der nationalen und lokalen Behörden, die konkreten Maßnahmen festzulegen, die sie ergreifen, um die Normen einzuhalten. Gleichzeitig werden bestehende und neue Strategien und Initiativen der EU in den Bereichen Umwelt, Energie, Verkehr, Landwirtschaft, Forschung und Innovation usw. einen wichtigen Beitrag leisten, wie dem Factsheet zu entnehmen ist.

Der heute vorgelegte Vorschlag wird dazu beitragen, die Luftqualität in ganz Europa bis 2030 ganz erheblich zu verbessern, und der damit verbundene Nutzen dürfte 2030 zwischen 42 Mrd. und 121 Milliarden Euro brutto pro Jahr liegen, während die Kosten pro Jahr weniger als 6 Milliarden Euro betragen.

 

PM2,5-Werte im Jahr 2020

PM2,5-Werte im Jahr 2030 (Basiswert)

PM2,5-Werte im Jahr 2020
PM2,5-Werte im Jahr 2030 (Basiswert)

(WHO-Leitlinien: <5 µg/m³, jährlich; Vorschlag für 2030: <10 µg/m³, jährlich; derzeitige Richtlinie: <25 µg/m³)[i]

Luftverschmutzung ist die größte umweltbedingte Gefahr für die Gesundheit und eine der Hauptursachen für chronische Erkrankungen wie Schlaganfälle, Krebs und Diabetes. Alle Menschen in Europa sind ihr ausgesetzt. Sie trifft vulnerable und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen unverhältnismäßig stark. Verschmutzte Luft schadet auch der Umwelt und führt zu Versauerung, Eutrophierung und Schädigung von Wäldern, Ökosystemen und Nutzpflanzen.

Bessere und kostengünstigere Behandlung von kommunalem Abwasser

Die überarbeitete Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser wird sauberere Flüsse, Seen, Grundwasserkörper und Meeren für die Menschen in Europa bringen und gleichzeitig die Abwasserbehandlung kosteneffizienter gestalten. Für die optimale Nutzung von Abwasser als Ressource wird vorgeschlagen, bis 2040 Energieneutralität des Sektors anzustreben und die Qualität des Klärschlamms zu verbessern, um eine umfangreichere Wiederverwendung zu ermöglichen und so zur Förderung der Kreislaufwirtschaft beizutragen.

Etliche Verbesserungen werden den Gesundheits- und den Umweltschutz fördern. Dazu gehören Verpflichtungen zur Verwertung von Nährstoffen aus Abwasser, neue Normen für Mikroschadstoffe und neue Überwachungsanforderungen für Mikroplastik. Die Verpflichtung zur Wasseraufbereitung wird auf kleinere Gemeinden mit 1000 Einwohnern ausgeweitet (derzeit 2000 Einwohner). Als Beitrag zur Bewältigung schwerer Regenfälle, die infolge des Klimawandels häufiger auftreten, müssen in größeren Städten integrierte Wasserbewirtschaftungspläne aufgestellt werden. Und auf der Grundlage der Erfahrungen mit COVID-19 schlägt die Kommission vor, Abwasser systematisch auf verschiedene Viren, darunter auch CoV-SARS-19, und antimikrobielle Resistenz hin zu überprüfen.

Die EU-Länder müssen den Zugang zu sanitärer Grundversorgung für alle, insbesondere für schutzbedürftige und marginalisierte Gruppen, gewährleisten.

Da 92 % der giftigen Mikroschadstoffe in EU-Abwässern von Arzneimitteln und Kosmetika stammen, müssen im Rahmen eines neuen Systems der erweiterten Herstellerverantwortung die Hersteller für deren Beseitigung aufkommen. Dies entspricht dem Verursacherprinzip und wird sowohl Anreize für Forschung und Innovation im Bereich schadstofffreier Produkte schaffen als auch für eine gerechtere Finanzierung der Abwasserbehandlung sorgen.

Der Abwassersektor verfügt über erhebliches ungenutztes Potenzial zur Erzeugung erneuerbarer Energie z. B. mit Biogas.  Die EU-Länder werden verpflichtet, durch die Industrie verursachte Verschmutzungen an der Quelle zu verfolgen, um mehr Möglichkeiten zur Wiederverwendung von Klärschlamm und behandeltem Abwasser zu erschließen und so den Verlust von Ressourcen zu vermeiden. Vorschriften über die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm werden dessen Verwendung zur Herstellung von Düngemitteln für die Lebensmittelproduktion unterstützen.

Infolge der Veränderungen dürften die Kosten um 3,8 % (auf 3,8 Mrd. € im Jahr 2040) steigen, der Nutzen jedoch mit 6,6 Mrd. € pro Jahr zu Buche schlagen, und in allen Mitgliedstaaten wird ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis erzielt.

Schutz von Oberflächengewässern und Grundwasser vor neuen Schadstoffen

Die Kommission schlägt die Aktualisierung der Listen der Wasserschadstoffe, die in Oberflächengewässern und Grundwasser strenger kontrolliert werden müssen, nach Maßgabe aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse vor.

25 Stoffe, deren problematische Auswirkungen auf die Natur und die menschliche Gesundheit gut dokumentiert sind, werden in die Listen aufgenommen. Dazu gehören

  • PFAS, eine große Gruppe von „ewigen Chemikalien“, die unter anderem in Kochgeschirr, Bekleidung und Möbeln, Löschschaum und Körperpflegemitteln verwendet werden,
  • eine Reihe von Pestiziden wie Glyphosat sowie beim Abbau von Pestiziden entstehenden Stoffen,
  • Bisphenol A, ein Weichmacher und Bestandteil von Kunststoffverpackungen,
  • einige Arzneimittel, die als Schmerzmittel und Entzündungshemmer verwendet werden, sowie Antibiotika.

Die Stoffe und ihre Normen wurden in transparenter Weise und nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten ausgewählt.

Darüber hinaus schlägt die Kommission aufgrund der Erkenntnisse, die im Zusammenhang mit Zwischenfällen wie dem Massenfischsterben in der Oder gewonnen wurden, vor, dass nach solchen Zwischenfällen Warnungen für nachgelagerte Flusseinzugsgebiete ergehen müssen. Ferner werden Verbesserungen der Überwachung und Berichterstattung vorgeschlagen sowie, künftige Aktualisierungen der Liste unkomplizierter zu machen, um mit der Wissenschaft Schritt zu halten.

In den neuen Vorschriften werden die kumulativen oder kombinierten Auswirkungen von Gemischen anerkannt und so der Fokus erweitert, der zurzeit noch auf einzelnen Stoffen liegt.

Außerdem werden die Normen für 16 Schadstoffe, die bereits unter die Vorschriften fallen, darunter Schwermetalle und Industriechemikalien, aktualisiert (meist verschärft) und vier Schadstoffe, die keine EU-weite Bedrohung mehr darstellen, gestrichen.

Nächste Schritte

Die Vorschläge werden nun vom Europäischen Parlament und vom Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beraten. Nach ihrer Annahme werden sie schrittweise mit unterschiedlichen Zielen für 2030, 2040 und 2050 in Kraft treten, sodass die Industrie und die Behörden Zeit haben, sich anzupassen und die notwendigen Investitionen vorzunehmen. 

Weitere Informationen:

Schadstoffe in Oberflächengewässern und Grundwasser:

Fragen und Antworten zu Schadstoffen in Oberflächengewässern und Grundwasser

Factsheet zu Schadstoffen in Oberflächengewässern und Grundwasser

Vorschläge für eine Überarbeitung der Liste von Schadstoffen in Oberflächengewässern und Grundwasser

Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser:

Fragen und Antworten zur Überprüfung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser

Factsheet zur Überprüfung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser    

Vorschlag für eine Überarbeitung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser

EU-Rechtsvorschriften zur Luftqualität:

Fragen und Antworten zur Überarbeitung der EU-Rechtsvorschriften über die Luftqualität

Factsheet zur Überarbeitung der EU-Rechtsvorschriften über die Luftqualität 

Vorschlag für eine Überarbeitung der Rechtsvorschriften zur Luftqualität

Der europäische Grüne Deal – Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität:

Factsheet zum europäischen Grünen Deal – Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität: 

Pressekontakt: claudia [dot] guskeatec [dot] europa [dot] eu (Claudia Guske), +49 (30) 2280-2190. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
26. Oktober 2022
Autor
Vertretung in Deutschland