Weltrekord: Sonne trocknet in Bottrop tonnenweise Klärschlamm

Keine Gewächshäuser: An der B224 im Grenzgebiet zwischen Essen und Bottrop entsteht auf dem Gelände der Kläranlage die weltweit größte solarthermische Klärschlammtrocknung. © Team Vermessung/EGLV
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Im Frühjahr 2019 hatte die Emschergenossenschaft mit der Errichtung der neuen solarthermischen Klärschlammtrocknungsanlage (STT) mit einer Fläche von zirka 61.000 Quadratmetern in Bottrop begonnen. Nach nur anderthalb Jahren Bauzeit konnte nun der Testbetrieb in der STT starten.

In den ersten Hallen der riesigen Anlage wurde der erste entwässerte Klärschlamm eingebracht. In diesen Hallen wird der Schlamm durch die Wendetechnik – auch „elektrische Schweine“ genannt – regelmäßig gewendet und somit getrocknet.

Gleichzeitig gehen die ersten Abluftbehandlungsanlagen in Betrieb, um eine Beeinträchtigung des Umfeldes durch den startenden Betrieb auszuschließen. In den kommenden Wochen und Monaten werden dann Schritt für Schritt weitere Anlagenteile in Betrieb genommen, sodass die Emschergenossenschaft etwa bis Mitte 2021 den Betrieb der STT bis zur vollen Auslastung hochfahren wird.

In 32 Hallen wird der Klärschlamm energiesparend getrocknet

Damit ist die Emschergenossenschaft im geplanten Terminrahmen unterwegs. „Das gesamte Projektteam ist sehr froh und auch ein wenig stolz darauf, dass dieses Mammutprojekt in Rekordzeit realisiert werden konnte“, sagt Projektleiter Peter Reese, Projektleiter bei der Emschergenossenschaft.

32 Trocknungshallen mit einer Netto-Trockenfläche von 40.000 Quadratmetern sind entstanden. Der nachhaltige Umgang mit anfallendem Klärschlamm gilt als enorm wichtig für die klimaschonende Energiegewinnung, außerdem enthält der Schlamm auch wertvolle Ressourcen, die man mittelfristig weiternutzen kann.

In den Hallen mit einer Netto-Trockenfläche von 40.000 Quadratmetern wird der Schlamm durch die Wendetechnik – auch „elektrische Schweine“ genannt – regelmäßig gewendet und somit getrocknet. © Detlef Macher/EGLV © Detlef Macher/EGLV

„Bislang müssen dem Klärschlamm, der vor Ort thermisch verwertet wird, jährlich 20.000 Tonnen Kohle zugesetzt werden, um einen ausreichenden Brennwert zu erreichen. Dieser Schritt entfällt in Zukunft, der Klärschlamm wird in den ,Gewächshäusern‘ mittels Sonnen- und Abwärmeenergie getrocknet“, erklärt Dr. Emanuel Grün, bei der Emschergenossenschaft Vorstand für Wassermanagement und Technik, das Verfahren.

Hybridkraftwerk Emscher will Vorbild für ganz Deutschland sein

Die Kläranlage Bottrop ist eine der größten Kläranlagen Deutschlands, moderne Abwasserreinigung ist stromintensiv. Die Wasserwirtschaftsbranche stellt damit einen der größten kommunalen Energieverbraucher dar. Darum bemühen sich die Abwasserverbände um innovative Verfahren, die die CO2 -Bilanz senken, klimafreundlich, nachhaltig und richtungsweisend für die Wasserwirtschaft sind.

„Wasserwirtschaft ist mehr als nur Abwassereinigung: Sie kann eine entscheidende Rolle beim Gelingen der Energiewende spielen“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft. Das Hybridkraftwerk Emscher in Bottrop kann Vorbild für zahlreiche weitere Großkläranlagen in Deutschland sein.

Kläranlage erzeugt die vor Ort benötigte Energie komplett selbst

Den Stromverbrauch der Kläranlage Bottrop – der etwa dem einer 30.000-Einwohner-Stadt entspricht – kann der Standort Bottrop mittlerweile komplett nachhaltig decken, denn die Kläranlage ist Deutschlands erste energieautarke Großkläranlage. Die Solarthermische Klärschlammtrocknung ist dabei nur ein Bestandteil des sogenannten Hybridkraftwerks Emscher, mit dem die Emschergenossenschaft die vor Ort benötigte Energie vollständig selbst erzeugt.

Zum Gesamtpaket gehören fünf erneuerbare Energieträger – durch die bis zu 70.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden sollen: eine Windenergieanlage mit 3,1 MW Leistung, vier neue Blockheizkraftwerk-Module mit jeweils etwa 1,2 MW Leistung, eine Photovoltaikanlage auf einer Dachfläche von ca. 500 Quadratmetern, eine neue Dampfturbine mit mindestens 4 MW Leistung und jetzt auch die Solarthermische Klärschlammtrocknung.

Klärwerk reinigt in jeder Sekunde 8.500 Liter Wasser

  • Das Klärwerk in der Welheimer Mark reinigt bis zu 8.500 Liter Wasser pro Sekunde.
  • Neben den Klärbecken befindet sich auf dem Gelände auch die zentrale Klärschlammbehandlungsanlage der Emschergenossenschaft. Das gewonnene Faulgas wird zur Stromgewinnung und Beheizung der Anlage genutzt.
  • Das Einzugsgebiet der Kläranlage umfasst 240 Quadratkilometer im Gebiet der Städte Bottrop, Bochum, Essen, Gelsenkirchen und Gladbeck.
  • Markant und weithin sichtbar sind die vier Faultürme der Anlage, die nachts illuminiert werden.
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