Lippeverband und Stadt machen Hamm fit für den Klimawandel

Rat beschließt die Teilnahme am Ruhrkonferenz-Projekt "Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft". Modellstadt verpflichtet sich zu Klimaanpassungsmaßnahmen

Hamm. Rekord-Temperaturen oder Starkregen – Wetterextreme nehmen als Folge des Klimawandels zu und sind eine große Herausforderung für Stadtplaner. Das hat auch die Hochwasserkatastrophe im Juli in NRW und Rheinland-Pfalz deutlich gemacht. Um die Lebensqualität ihrer Bürgerinnen und Bürger auch künftig zu sichern, beteiligt sich die Stadt Hamm beim Ruhrkonferenz-Projekt „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ (KRIS) des Landes NRW, das EGLV gemeinsam mit den Städten umsetzen.

Der Rat der Stadt Hamm hat die Teilnahme an der „Klimaresilienten Region mit internationaler Strahlkraft“ beschlossen. Damit legen sich die Stadt Hamm und der Lippeverband fest: Gemeinsam wollen sie in den nächsten Jahren konkrete Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels im Hammer Stadtgebiet umsetzen.

Um das Stadtklima zu kühlen, Überflutungsschäden bei Starkregen zu vermeiden, die Grundwasserneubildung zu stärken und insgesamt für eine bessere Aufenthaltsqualität in den Quartieren zu sorgen, gibt es viele Möglichkeiten: Dächer und Fassaden begrünen, Flächen entsiegeln, um Regenwasser vor Ort versickern zu lassen. Unterirdische Wasserspeicher anlegen (Rigolen), um damit Pflanzen und Bäume zu bewässern. Grün- und Wasserflächen in den Stadtvierteln schaffen. Das alles dient dem Prinzip der Schwammstadt: Sauberes Regenwasser soll nicht mehr in der Kanalisation laden, sondern vor Ort der Verdunstung und Kühlung dienen.

Klimawandel ist lokal spürbar
Mit der Verpflichtung zu einer klimagerechten regionalen Entwicklung geht Hamm im Lippeverbandsgebiet als Modellstadt voran und entscheidet sich dafür, solche Maßnahmen zu verwirklichen. Oberbürgermeister Marc Herter: „Der Klimawandel ist nicht nur ein globales Phänomen, sondern auch lokal konkret spürbar. Umso wichtiger ist, dass wir uns einerseits an veränderte klimatische Bedingungen anpassen und gleichzeitig unsere Umwelt und damit das Klima bestmöglich schützen. Als Teil der ‚Klimaresilienten Region mit internationaler Strahlkraft‘ machen wir unsere Stadt klimafest.“ Die Teilnahme an dem Sonderprogramm ergänzt das bereits im März dieses Jahres im Rat beschlossene Klimafolgenanpassungskonzept.

Die „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ (KRIS) ist ein Projekt der Ruhrkonferenz der Landesregierung. Darüber investieren das Land NRW und die Wasserverbände der Region in den kommenden zehn Jahren rund 250 Millionen Euro in den Ausbau der blauen und grünen Infrastruktur im Ruhrgebiet. „Der Herausforderung Klimawandel müssen wir uns gemeinsam stellen“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes. „Dass Hamm als Großstadt am nördlichen Rand des Ruhrgebiets nun bei diesem bedeutenden Vorhaben mitgeht, freut uns sehr. Lippeverband und Stadt werden diese Aufgabe einer integrierten, wasserbewussten Stadtentwicklung zusammen meistern.“

Fördergelder für den klimagerechten Umbau
Hamm kann für den klimagerechten Umbau Fördergelder von Land und Lippeverband erhalten. Gleichzeitig verpflichtet sich die Stadt im Rahmen der „Klimaresilienten Region mit internationaler Strahlkraft“ bis 2040 folgende Ziele zu erreichen: 25 Prozent der befestigten Flächen sollen abgekoppelt werden, so dass deutlich weniger Regenwasser in die Mischkanalisation fließt. Außerdem soll die Verdunstungsrate um zehn Prozentpunkte erhöht, sollen verrohrte Gewässer als natürliche Wasserläufe reaktiviert sowie Hitzeinseln reduziert und vermieden werden.

Konkrete Projektvorschläge, die im Rahmen von KRIS umgesetzt werden können, hat die Stadt bereits erarbeitet: So soll die bereits existierende Starkregengefahrenkarte aktualisiert, sollen für gefährdete Gebiete konkrete Abwehrmaßnahmen entwickelt und zeitnah umgesetzt werden.

Reaktivierung von Gewässern in der Innenstadt
Darüber hinaus kann die Reaktivierung von Gewässern in der Innenstadt dazu beitragen Hitzeinseln zu vermeiden. Einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Klimaresilienz kann die Flächenentsiegelung und Versickerung auf Privatgrundstücken leisten. Mit einer Karte für das gesamte Stadtgebiet würde die Möglichkeit bestehen, die Gebiete zu identifizieren, in denen versickert werden kann. Hierdurch wird es möglich, gezielt in Bestandsgebieten private Flächen von der Mischkanalisation abzuklemmen. Mit den Erkenntnissen wäre eine gezielte Förderung von Entsiegelungsmaßnahmen möglich.

Als einen weiteren wichtigen Baustein zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels schlägt die Stadt Hamm außerdem vor, deutlich mehr Dachflächen als bisher bei städtischen Immobilien zu begrünen sowie das Förderprogramm für private Hausbesitzer für Dach- und Fassadenbegrünung auszubauen.

Neuer Stadtpark und neuer Grüngürtel
Für mehr Lebensqualität im stark verdichteten Heessener Zentrum soll nach dem Vorschlag der Stadtverwaltung zudem ein neuer Stadtpark und ein Grüngürtel entwickelt werden, der zugleich bei Starkregen-Ereignissen als Not-Retentionsfläche dienen könnte und so die umliegende Wohnbebauung schützt.

Folgende acht Maßnahmen zur Klimafolgen-Anpassung sind dabei im Rahmen von KRIS förderfähig: Flächenentsiegelung mit dem Ziel der Regenwasserversickerung, Niederschlagswasserversickerung über das Anlegen von Mulden oder über eine Mulden-Rigolen-Versickerung (Verbindung von Mulden und unterirdischen Speichern), Regenwasserversickerung über Rigolenversickerung, Baumrigolen (Speicher zur Bewässerung), extensive Dachbegrünung, Fassadenbegrünung mit Versorgung über eine Niederschlagswasserzisterne, Regenwasserzuführung zum Gewässer. Die Fördermittel des NRW-Umweltministeriums werden vom Lippeverband aufgestockt. Damit liegt die Förderquote für Kommunen wie die Stadt Hamm bei 100 Prozent und bei Privateigentümern bei bis zu 90 Prozent.

Unterstützung von der Serviceorganisation der ZI
Für die Umsetzung konkreter Klimaanpassungsprojekte erhält die Stadt Hamm Unterstützung bei der Serviceorganisation der Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“. Diese ist im Haus von Emschergenossenschaft und Lippeverband in Essen unter Leitung von Andreas Giga angesiedelt. Als zentrale Anlaufstelle hilft sie Städten dabei, mögliche Baummaßnahmen zu identifizieren, Förderanträge auf den Weg zu bringen oder berät fachlich beim Thema Klimafolgenanpassung.