Veranstaltung

Jahresveranstaltung 2025 von AöW und LWBV in Kiel thematisiert Herausforderungen und Kooperationsmodelle im Gewässerschutz 


Zusammenfassung von Dr. Durmuş Ünlü/AöW 

Am 12. Mai 2025 fand in Kiel die gemeinsame Jahresveranstaltung von AöW und LWBV unter dem Titel „Vorrang wasserwirtschaftlicher Belange und Kooperationen – Aktuelle Herausforderungen und bewährte Ansätze“ statt. Im Mittelpunkt standen aktuelle Entwicklungen in der europäischen und nationalen Wasserpolitik, die Rolle von Kooperationen sowie die konkreten Herausforderungen bei der Umsetzung wasserwirtschaftlicher Aufgaben.  

In den Grußworten von AöW-Präsidentin Claudia Ehrensberger und LWBV-Präsidenten Hans-Heinrich Gloy wurde hervorgehoben, wie sehr die öffentliche Wasserwirtschaft vom kooperativen Miteinander lebt. Herr Gloy verwies auf den im Titel angesprochenen Fokus auf Kooperationen, die sich im Rahmen verbandlicher Solidargemeinschaften besonders bewährt hätten. Der Verband setze sich im Sinne des öffentlichen Interesses aktiv für die Zusammenarbeit zwischen Wasser- und Bodenverbänden, Landwirtschaft und kommunalen Trägern ein – stets mit dem Ziel, wasserwirtschaftliche, bodenschutzbezogene und naturschutzfachliche Aufgaben gemeinsam zu erfüllen. Besonders betont wurde die Rolle der „Allianz für Gewässerschutz“, der der LWBV als Mitglied angehört. Gemeinsam mit Partnern verfolge man das Ziel, Nährstoff- und Schadstoffeinträge in Gewässer wirksam zu reduzieren – eine Aufgabe von zentraler Bedeutung, da Schleswig-Holstein seinen Trinkwasserbedarf vollständig aus Grundwasser deckt. 


Katja Günther – Staatssekretärin im Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur Schleswig-Holstein – stellte die Entwicklung der Allianz für Gewässerschutz dar. In dieser sei es gelungen, unterschiedlichste Interessen an einen Tisch zu bringen und durch freiwillige Maßnahmen, Vorbildprojekte und funktionierende Netzwerke tragfähige Lösungen für den Gewässerschutz zu erarbeiten. Ausdruck des Erfolgs dieses kooperativen Modells seien das gestiegene Bewusstsein für die Problematik der Nährstoffeinträge und die große gesellschaftliche Akzeptanz. 

Joachim D´Eugenio – EU-Kommission – Generaldirektion Umwelt – stellte den aktuellen Stand der europäischen Wasserstrategie vor. Diese befinde sich derzeit in der finalen Abstimmungsphase. Die europäische Wasserstrategie verfolge einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl Qualitäts- als auch Mengenfragen berücksichtige. Dabei spielten Themen wie Wassersparen, Wassereffizienz und kluge Investitionen eine zentrale Rolle. Er unterstrich, dass jetzt der richtige Zeitpunkt sei, um mit einer solchen Strategie auf europäischer Ebene voranzugehen. Ein besonderer Fokus liege auf der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wasserindustrie, etwa durch die Förderung von Innovation, Digitalisierung und Forschung. Gleichzeitig werde großer Wert auf das Subsidiaritätsprinzip gelegt: Es soll keine einheitlichen Rechtsvorgaben geben, sondern Vorschläge, die gemeinsam mit den Mitgliedstaaten diskutiert und ausgestaltet werden. Die Kommission setze auf breite Beteiligung und die Unterstützung vor Ort – denn dort erfolge letztlich die Umsetzung. 


Ein weiterer Schwerpunkt seines Inputs war die Neuausrichtung der kommunalen Abwasserrichtlinie. Dabei nehme die erweiterte Herstellerverantwortung eine Schlüsselrolle ein. Trotz mancher rechtlicher Auseinandersetzungen werde mit Nachdruck an der Umsetzung gearbeitet. Hervorgehoben wurde insbesondere, dass Deutschland hier eine Vorreiterrolle einnehme und durch proaktive Umsetzungsansätze eine Vorbildfunktion übernehme. 

Michael Marty – UBA | Abteilungsleitung „Nachhaltige Produktion, Ressourcenschonung und Stoffkreisläufe” – befasste sich in seinem Vortrag mit der Umsetzung der neuen kommunalen Abwasserrichtlinie aus Sicht des Umweltbundesamtes. Er betonte, dass es sich bei der Richtlinie um ein zentrales Instrument des nachhaltigen Gewässerschutzes handele. Ihre Umsetzung stelle die Beteiligten jedoch vor erhebliche Herausforderungen, insbesondere in nicht-technischen Fragen. Neben der Erweiterung von Kläranlagen um eine vierte Reinigungsstufe betonte er die Bedeutung der Entwicklung integrierter Abwassermanagementpläne. Diese Pläne müssten auf einer umfassenden Risikoanalyse beruhen und unter anderem auch Mischwasserüberläufe berücksichtigen. 


Die zeitliche Dringlichkeit der Umsetzung sei ein wichtiger Aspekt. Der Referentenentwurf zur nationalen Umsetzung müsse faktisch bereits bis Ende 2025 vorliegen, da die vollständige Umsetzung auf nationaler Ebene bis Mitte 2027 erfolgen müsse. Es wurde eindringlich betont, dass die Umsetzung jetzt beginnen muss, um später keinen Verzug zu riskieren. Austausch, Kooperation und eine klare Konzeptentwicklung seien daher unerlässlich. 

Ein wesentliches Finanzierungselement sei die erweiterte Herstellerverantwortung. Dennoch sei die konkrete Umsetzung noch mit vielen offenen Fragen verbunden, etwa im Hinblick auf eine kosteneffiziente zeitliche Staffelung der Maßnahmen. 

Aufgrund der neuen, verschärften Grenzwerte für Stickstoff und Phosphor müsse in Deutschland für die praktizierte 2-Stunden-Probe eine erneute Umrechnung von der 24-Stunden-Mischprobe, wie in der kommunalen Abwasserrichtlinie vorgesehen, vorgenommen werden. 

Als eine weitere Fragestellung hob er auch die gesundheitliche Dimension der kommunalen Abwasserrichtlinie hervor: Mit der neuen Richtlinie werde Abwasser zunehmend als Informationsquelle verstanden, etwa zur Erkennung gesundheitlicher Belastungen. Dies habe insbesondere während der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. 

Anschließend wurde die Jahresveranstaltung mit einer vielschichtigen Diskussionsrunde mit Ingo Noppen (AöW-Vizepräsident), Hans-Heinrich Gloy, Katja Günther und Michael Marty fortgesetzt. Im Mittelpunkt standen dabei die aktuellen Herausforderungen und Zielkonflikte der Wasserwirtschaft. 

Im Zentrum stand zunächst die Frage, wie unternehmerisches Denken in der Wasserwirtschaft mit dem Gemeinwohlorientierung in Einklang steht. Dabei wurde deutlich, dass die Branche in Deutschland dies bereits vielfach zusammenbringt – etwa durch Benchmarking, Kooperationen, den Austausch von Best Practices oder Vernetzung. 

Gleichzeitig wurde der enorme Investitionsbedarf thematisiert. Seine Finanzierung müsse gesellschaftlich neu bewertet werden. In der Diskussion wurde betont, dass Wasser als Grundlage allen Lebens nicht zum Nulltarif zu haben ist. 

Die Rolle der Politik wurde kritisch beleuchtet. Viele Teilnehmende wünschten sich eine stärkere gesetzgeberische Rahmensetzung für eine nachhaltige Wassernutzung und -infrastruktur. Freiwilligkeit allein reiche nicht aus, vielmehr brauche es eine klare demokratische Auseinandersetzung mit den Prioritäten der Ressourcennutzung. Insbesondere der Vorrang wasserwirtschaftlicher Belange müsse gesetzlich besser verankert und gegenüber konkurrierenden Interessen verteidigt werden. 

Ein Schwerpunkt der Debatte lag zudem auf der Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft. Positive Beispiele, wie etwa Kooperationen, zeigen, dass gemeinsame Lösungen möglich sind, wenn Vertrauen besteht und finanzielle Anreize richtig gesetzt werden. 

Abschließend wurde die geringe Sichtbarkeit der Wasserwirtschaft in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung thematisiert. Die Branche müsse ihre Bedeutung für die Daseinsvorsorge und die Klimaanpassung offensiver kommunizieren und stärker für ihre Interessen eintreten – jedoch nicht als klassische Lobby, sondern als Vertreterin eines zentralen öffentlichen Guts. Der Appell lautete: Mehr Dialog, mehr Sichtbarkeit, mehr Mut zur Gestaltung – für eine öffentliche Wasserwirtschaft. 

Im Rahmen der Veranstaltung präsentierte die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft (AöW) ihr neues Impulspapier zur gemeinwohlorientierten und nachhaltigen Wasserwirtschaft in öffentlicher Hand. Zu Beginn des Vortrags wurde betont, dass sich die AöW für die Wasserwirtschaft in öffentlicher Hand nicht nur mit ihrer Gemeinwohlorientierung und Nachhaltigkeit beschäftigt, sondern sich für diese als strategisches Leitprinzip und konkrete Handlungsgrundlage einsetzt. 

Das Papier sei aus einem intensiven Dialog mit den Mitgliedern und der Praxis entstanden. Ziel sei es, die besonderen Stärken der öffentlichen Wasserwirtschaft stärker sichtbar zu machen und ihre Rolle in der politischen Debatte zu festigen. Anders als gewinnorientierte Modelle orientiere sich die Wasserwirtschaft in öffentlicher Hand nicht am Shareholder Value, sondern an der langfristigen Sicherung der Daseinsvorsorge. Wasser werde nicht als ökonomisches Gut verstanden, sondern als Menschenrecht – entsprechend dürfe die Versorgungssicherheit nicht von kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen abhängig gemacht werden. 

Klimawandel, Extremwetterlagen, demografische Entwicklungen und Nutzungskonflikte führten zu steigenden Herausforderungen. Gleichzeitig sei der Investitionsbedarf hoch – sowohl für die technische Modernisierung als auch für den Erhalt der Infrastruktur. Die öffentliche Wasserwirtschaft stoße zunehmend an ihre Grenzen. 

In diesem Zusammenhang sprach sich die AöW für eine stärkere finanzielle Beteiligung von Bund und Ländern aus. Denkbar sei etwa eine Verankerung des Hochwasserschutzes als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz – analog zum Küstenschutz. Dies könne Planungssicherheit schaffen und eine systematische sowie langfristige Förderung ermöglichen. 

Auch ein zeitgemäßer Rechtsrahmen wurde als erforderlich erachtet. Wasserwirtschaftliche Interessen müssten als überragendes öffentliches Interesse anerkannt werden, um in Zielkonflikten stärkeres Gewicht zu erhalten. Zudem sei es notwendig, Planungs- und Genehmigungsprozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen, um dringende Herausforderungen effizienter bewältigen zu können. 

Ein weiterer Fokus lag auf dem Ausbau kooperativer Strukturen. Interkommunale Zusammenarbeit, sektorenübergreifende Projekte sowie Flussgebietspartnerschaften würden als Schlüssel angesehen, um regionale Lösungen zu stärken und Ressourcen zu bündeln. Gute Praxisbeispiele zeigten, dass gemeinsam tragfähige und resiliente Strategien entwickelt werden könnten – etwa im Hochwasserschutz. 

Darüber hinaus wurde betont, dass das Verursacher- und Vermeidungsprinzip konsequenter umgesetzt werden müsse. Schadstoffeinträge sollten bereits an der Quelle vermieden werden. Besonders Hersteller und Landwirtschaft müssten hier stärker in die Verantwortung genommen werden – sowohl in der Vorsorge als auch bei der Finanzierung von Maßnahmen. 

Mit dem vorgestellten Impulspapier möchte die AöW einen Beitrag leisten, um die Bedeutung der Wasserwirtschaft in öffentlicher Hand im Sinne des Gemeinwohls deutlicher in den politischen Fokus zu rücken. 

Im Anschluss an den Impulsvortrag bot ein „Water Talk“ Einblicke in konkrete Praxisbeispiele. Dabei wurden Projekte vorgestellt, die sich mit den Themen Cybersicherheit – Ronald Derler vom Kompetenzzentrum Digitale Wasserwirtschaft -, Nachhaltigkeitsberichterstattung – Frank Endrich von der Stadtentwässerung Stuttgart – sowie der Vermeidung von Spurenstoffen und Pestiziden – Prof. Markus Große Ophoff von der DBU – befassten. Deutlich wurde dabei, wie vielfältig und wirkungsvoll Zusammenarbeit im Bereich der Wasserwirtschaft gestaltet werden kann – ob interdisziplinär, interkommunal oder mit Partnern aus Wirtschaft und Forschung. Die Beiträge zeigten, wie Kooperationen konkrete Fortschritte bei aktuellen Herausforderungen ermöglichen können. 

Am Ende der Veranstaltung zogen Moderation – Anne Haker – und AöW-Präsident Olaf Schröder ein persönliches wie inhaltliches Fazit. In der abschließenden Zusammenfassung wurde betont, dass sich der Tag durch einen roten Faden gemeinsamer Verantwortung und solidarischer Zusammenarbeit gezogen habe. Die Aussage „Wasser ist immer da“ sei sinnbildlich für die zentrale Bedeutung der Ressource – und zugleich Mahnung, besonders sorgsam mit ihr umzugehen. Was heute mit Wasser geschehe, werde auch in Zukunft nachwirken – in Form von Herausforderungen ebenso wie in Form von Lösungen. 

Zudem sei deutlich geworden, dass Solidarität, Kooperation und Gemeinwohlorientierung nicht aus der Mode geraten seien – im Gegenteil: Die Veranstaltung habe eindrucksvoll gezeigt, dass öffentliche, verbandliche und kommunale Akteure in der Lage seien, Wissen zu teilen, voneinander zu lernen und gemeinsam tragfähige Strategien zu entwickeln. Diese Haltung, so die abschließende Botschaft, sei eine wichtige Stärke der öffentlichen Wasserwirtschaft. 

Wasser dürfe nicht als Business Case verstanden werden, sondern müsse als zentrales öffentliches Gut behandelt werden, dessen Schutz und Verfügbarkeit gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe sei. Mit einem Appell zu mehr Dialog, mehr Sichtbarkeit und mehr Mut zur Gestaltung endete der offizielle Teil der Veranstaltung – verbunden mit dem Dank an alle Mitwirkenden und Teilnehmenden.